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Standorte
                        Optimierung                                Eine historische Nutzungsrecherche hilft festzustellen,

                                                                   ob ein gewerblicher oder industrieller Standort mit

            von Brownfield-                                        PFAS belastet sein kann und Altlasten-technisch erkun-
                                                                   det werden müssen. Das gilt entsprechend für Stand-
                                                                   orte mit empfindlichen (zukünftigen) Nutzungen wie
                                                                   Schulen, Kindergärten oder Wohnbebauung.  Das Risi-
                                           kosten                  ko einer PFAS-Verunreinigung kann durch Migration im

                                                                   Grundwasser oder in der Bodenluft sowie durch frühere
                                                                   Brandereignisse, bei denen PFAS-haltige Löschschäume
                                                                   eingesetzt wurden, erhöht werden.


                    Von Dr. rer. nat. Frank Karg, Wissenschaftlicher Direktor der    Die Überwachung solcher PFAS-kontaminierter Grund-
                   HPC-Gruppe & Vorstand-CEO der HPC INTERNATIONAL und   wässer zeigt, dass die Präsenz stabiler perfluorierter
                             Ulrike Hintzen, Diplom-Geologin/Projektleiterin   PFAS-Verbindungen durch Biotransformation aus weni-
                                           www.hpc-international.com   ger stabilen polyfluorierten PFAS ansteigt. Gefährdungs-
                                                                   abschätzungen erfolgen bis jetzt oft mit  Verweis auf
                      Deutliche Sanierungskosten-Reduzierungen bei Alt-  Vorsorgewerte. Dies können Prüfwerte der BBodSchV
                      lasten können mit einer gezielten Quantifizierung des    sein, Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) der Bund-/
                      toxikologischen Expositionsrisikos und daraus abgelei-  Länderarbeitsgemeinschaft  Wasser (LAWA) von 2017
                      teten standortspezifischen Sanierungszielen erreicht   für das Grundwasser oder gesundheitliche Orientie-
                      werden. Die neue Mantelverordnung und deren neue   rungswerte (GOW-Werte) der LAWA ebenfalls von 2017.
                      Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) fördern   Allgemeine Empfehlungen zur PFAS-Bewertung hat das
                      diese Methodik der Einzelfallbewertung.      Bundesumweltministerium im Februar 2022 bekannt
                                                                   gegeben. Mehrere Bundesländer folgten.
                      Per- und Polyfluoralkyl-Alkylsubstanzen (PFAS) sind to-
                      xische Substanzen, die seit den 1960er Jahren langsam   Die Prüfung des Einzelfalls und der Verhältnismäßigkeit
                      zu  einem  großen  Umwelt-  und  Gesundheitsproblem   ist absolut notwendig, da mehrere Gerichte das allei-
                      geworden sind, da ihre Anwendung vielfältig und weit   nige Heranziehen der Geringfügigkeitsschwellenwerte
                      verbreitet war (und immer noch ist). Erst seit Anfang   als Sanierungsziele als nicht zulässig erklärt haben. Ein
                      der 2010er Jahre begann die Öffentlichkeit sich der Be-  Maßnahmen- oder Sanierungszielwert muss demnach
                      drohung der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit   einzelfallbezogen unter dem Grundsatz der Verhältnis-
                      durch PFAS bewusst zu werden.                mäßigkeit abgeleitet und begründet werden.

                      Die Quellen der PFAS-Verunreinigungen sind vielfältig   Bereits  heute  kann  für  die  Gefährdungsabschätzung
                      und befinden sich vor allem an Industriestandorten, bei   und die Ableitung standortspezifischer Sanierungsziel-
                      denen diese Stoffe verwendet und Abwässer produziert   werte die Anwendung der neue Mantelverordnung, die
                      wurden wie bei der Herstellung von Halbleitern, Texti-  ab August 2023 gilt, erfolgen. Im vierten Absatz des § 15
                      lien, Leder, Papier- & Fotoglanzmitteln oder medizini-   der BBodSchV steht, „wenn in dieser Verordnung kein
                      schen Geräten, sowie auf Standorten mit früheren Feuer-  Prüf- oder Maßnahmenwert festgelegt ist, sind für seine
                      ereignissen oder Feuerwehr-Übungsplätzen, bei denen   Bewertung die zur Ableitung der festgelegten Prüf- und
                      PFAS-haltige  Feuerlöschschäume  verwendet  wurden   Maßnahmenwerte dieser Verordnung herangezogenen
                      (z.B. zivile und militärische Flughäfen). Auch landwirt-  Methoden und Maßstäbe zu beachten. Die Methoden
                      schaftliche Flächen, auf denen PFAS-haltige Schlämme   und Maßstäbe sind im Bundesanzeiger Nummer 161a
                      ausgebracht wurden, können verunreinigt sein.   (im  Weiteren BA161a) veröffentlicht.“ Die BBodSchV
                                                                   enthält zurzeit weder Prüf- noch Maßnahmenwerte für
                      Oft verlangen Behörden Sanierungsziele in der Größen-  PFAS.
                      ordnung von Nachweisgrenzen. Diese können jedoch
                      mit verhältnismäßigen Mitteln kaum abgesichert wer-  Gemäss dem  BA 161a sind Prüf- und Maßnahmenwerte
                      den. Sinnvoller ist der Ansatz, jede PFAS-Altlast einzeln   für die Sanierung von Altlasten als maximal tolerierba-
                      zu betrachten und sich in der Gefährdungsabschätzung   re toxikologische Risikoschwellen anzugeben. Liegt eine
                      und Ableitung standortspezifischer Maßnahmenwerte   Belastung über diesen Werten, besteht nach BA 161a
                      auf die Gefahrenabwehr zu konzentrieren. Dies erlaubt   eine Gefährdung. Ausgehend von solchen tolerierbaren
                      der vierte Absatz des § 15 der Bundesbodenschutzver-  Risikoschwellen kann für die entsprechenden zukünfti-
                      ordnung (BBodSchV).                          gen  Nutzungen  auf  standortspezifische  Eingreif-  oder


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