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Logistik
Ausreichende Waren-
bevorratung ist in Zeiten
unsicherer Lieferketten
eine Grundvoraussetzung
für Lieferfähigkeit und
Kundenzufriedenheit
(Foto: Adobe Stock)
Um die richtigen Antworten auf diese Fragen – und Viele ehemals „Unkritische Güter“ werden vor dem Hin-
nichts anderes sind diese Zeichen – zu geben, lohnt es tergrund der aktuellen globalen prekären Liefersituati-
sich, endlich vom Bullshit-Bingo vermeintlicher Exper- on zu „Engpassgütern“, denen mit Mengensicherung,
ten Abstand zu nehmen, Nebelkerzen, wie „E-Supply- Bestandssicherheit, Lieferantenkontrolle und Ausweich-
Chain-Event-Management“ oder andere Ungetüme in plänen für Notfälle begegnet werden muss. „Hebelpro-
die Tonne zu treten und wieder zum altehrwürdigen dukte“ dagegen werden zu „Strategischen Produkten“,
Lehrbuch der BWL zurückzukehren. wobei der Ansatz der Schaffung langfristiger Lieferbe-
ziehungen in dem Moment nicht weiterhilft, wenn die
Die Rezepte, die es zur Sicherung von Produktion und/ Lieferanten selbst Versorgungsprobleme haben. Hier
oder Versand abzuschmecken gilt, standen und stehen gilt es, eher die Frage nach Eigenfertigung (Make) an-
dort drin. statt Fremdvergabe (Buy) zu diskutieren – eine Frage,
die aufgrund der Tragweite und des zeitlichen und fi-
Die Vorarbeit des betrieblichen Einkaufs nanziellen Aufwands jedoch eher eine längerfristige
Objekte des Einkaufs müssen in der Stunde null einer- Planung nach sich zieht.
seits entsprechend ihres Versorgungsrisikos und ande-
rerseits entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung Die gute Nachricht: In der operativen Umsetzung lassen
(beispielsweise Anteil am gesamten Einkaufsvolumen) sich zumindest die Engpassgüter – auch kurzfristig –
klassifiziert werden. Herauskommt die bekannte Ein- mit den Rezepten des Lehrbuchs professionell managen.
kaufsmatrix, die Materialnummern oder Warengruppen
in „Engpassgüter“, „Unkritische Güter“, „Hebelprodukte“ Rezept 1
und „Strategische Produkte“ einteilt und in Abhängig- Multiple statt Single Sourcing
keit der jeweiligen Produktklasse unterschiedliche Vor- Dass sich Unternehmen von einem Lieferanten abhän-
gehensweisen beim Einkauf vorgibt – alles Grundwis- gig machen, ist verständlich, führt die Mengenbünde-
sen der Betriebswirtschaftslehre. lung doch in der Regel zu Rabatten und damit zu gerin-
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