Page 19 - LogReal.direkt Ausgabe 2.2016
P. 19
E-Commerce : :
Crowd-Shipper gegen Parcel-Profis:
Wie zukunfts fähig ist
Schwarm intelligenz?
„Die nächste Zustelldrohne bist DU!“ Mit dieser provo-gehört, wirbt auf seiner Homepage mit über 133.000
absolut störungsfreien Zustellungen (Stand Mitte April
kativen Überschrift berichtete das Wall Street Journal
über die Pläne des Online-Händlers Amazon, in den USA 2016) durch die Privatkuriere. Welchen Namen das Kind
Privatpersonen für die Paketzustellung einzusetzen. Die auch immer haben mag: All diese Projekte lassen sich
Idee: Amazon kooperiert mit Ladengeschäften, in denen zusammenfassen unter dem Begriff „Crowd-Shipping“
Verbraucher künftig Pakete des Online-Händlers abholen bzw. „Crowd-Delivery“. Ist das ein ernsthaftes Same Day
und gegen eine Gebühr bei den Bestellern abliefern. So Delivery-Modell oder nichts weiter als ein weiterer ver-
sollen sich Verbraucher etwas dazu verdienen, wenn sie – zweifelter Versuch der Paketbranche, die Kosten der letz-
etwa auf dem Weg zur Arbeit – ohnehin bei einem Ama- ten Meile in den Griff zu bekommen – sprich: nachhaltig
zon-Kunden vorbeikommen. zu senken?
Privatpersonen als Paketboten? „So ungewöhnlich dieser Die Meinungen sind eindeutig. Nils Fischer, Geschäfts-
Gedanke im ersten Moment klingen mag, eine Innovati- führer des Same Day-Zustelldienstes Liefery: „Aus meiner
on wäre das Amazon-Konzept beileibe nicht“, erklärt der Sicht kann eine erfolgreiche Auslieferung im Sinne des
E-Commerce-Fachmann und Journalist Stephan Meixner Versenders und des Empfängers nur dann funktionieren,
von neuhandeln.de. Er verweist darauf, dass DHL be- wenn alle am Transport beteiligten Personen, hier in ers-
reits 2013 in Stockholm ein derartiges Zustell-Konzept ter Linie die Kuriere, wissen, was sie tun. Deshalb bedarf es
Foto: in einem Pilotprojekt namens „myWays“ erprobt hat. In zunächst einer sorgfältigen Auswahl derjenigen, die auf
© pict rider, Österreich gibt es den auf Privatzustellern basierenden einer Plattform bzw. in einem Netzwerk für Transporte
fotolia.de Lieferdienst Checkrobin. Das Unternehmen, zu dessen freigeschaltet werden.“ Nils Fischer glaubt nicht, dass das
Gründern auch der ehemalige Formel 1-Pilot Niki Lauda mit einem Netzwerk aus „Privatleuten“ möglich ist. „Aller -
dings glaube ich auch, dass beispielsweise Studenten eine
absolute Bereicherung für Liefernetzwerke sein können,
sofern sie denn vor Aufnahme der Tätigkeit ausreichend
geschult werden. Unterm Strich kommt es – wie überall,
wo Menschen arbeiten – primär auf die Fähigkeiten und
Menschenkenntnis derjenigen an, die die Verantwortung
I want you für die Auswahl potenzieller Kuriere tragen.“
for delivery! Auch Stephan Meixner ist eher skeptisch: „Nach dem
Start im September 2013 wurde das DHL-Pilotprojekt
in Stockholm bereits im Dezember 2013 planmäßig und
mit positivem Fazit beendet.“ Demnach wurden in den
drei Monaten über 1.000 Zustellungen über „myWays“
abgewickelt, wobei keine Pakete beschädigt wurden
oder verloren gegangen sind. Das Feedback der Empfän-
ger war entsprechend positiv. Deutsche Kunden dürften
jedoch nach Ansicht Stephan Meixners eher verhalten
reagieren, wenn plötzlich andere Verbraucher ihre Pake-
te zustellen sollen. „Da ein Mehrwert fehlt, dürfte auch
Amazon sich mit so einem Konzept hierzulande schwer
tun – auch wenn man sich von externen Zustellern
emanzipieren könnte.“
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Crowd-Shipper gegen Parcel-Profis:
Wie zukunfts fähig ist
Schwarm intelligenz?
„Die nächste Zustelldrohne bist DU!“ Mit dieser provo-gehört, wirbt auf seiner Homepage mit über 133.000
absolut störungsfreien Zustellungen (Stand Mitte April
kativen Überschrift berichtete das Wall Street Journal
über die Pläne des Online-Händlers Amazon, in den USA 2016) durch die Privatkuriere. Welchen Namen das Kind
Privatpersonen für die Paketzustellung einzusetzen. Die auch immer haben mag: All diese Projekte lassen sich
Idee: Amazon kooperiert mit Ladengeschäften, in denen zusammenfassen unter dem Begriff „Crowd-Shipping“
Verbraucher künftig Pakete des Online-Händlers abholen bzw. „Crowd-Delivery“. Ist das ein ernsthaftes Same Day
und gegen eine Gebühr bei den Bestellern abliefern. So Delivery-Modell oder nichts weiter als ein weiterer ver-
sollen sich Verbraucher etwas dazu verdienen, wenn sie – zweifelter Versuch der Paketbranche, die Kosten der letz-
etwa auf dem Weg zur Arbeit – ohnehin bei einem Ama- ten Meile in den Griff zu bekommen – sprich: nachhaltig
zon-Kunden vorbeikommen. zu senken?
Privatpersonen als Paketboten? „So ungewöhnlich dieser Die Meinungen sind eindeutig. Nils Fischer, Geschäfts-
Gedanke im ersten Moment klingen mag, eine Innovati- führer des Same Day-Zustelldienstes Liefery: „Aus meiner
on wäre das Amazon-Konzept beileibe nicht“, erklärt der Sicht kann eine erfolgreiche Auslieferung im Sinne des
E-Commerce-Fachmann und Journalist Stephan Meixner Versenders und des Empfängers nur dann funktionieren,
von neuhandeln.de. Er verweist darauf, dass DHL be- wenn alle am Transport beteiligten Personen, hier in ers-
reits 2013 in Stockholm ein derartiges Zustell-Konzept ter Linie die Kuriere, wissen, was sie tun. Deshalb bedarf es
Foto: in einem Pilotprojekt namens „myWays“ erprobt hat. In zunächst einer sorgfältigen Auswahl derjenigen, die auf
© pict rider, Österreich gibt es den auf Privatzustellern basierenden einer Plattform bzw. in einem Netzwerk für Transporte
fotolia.de Lieferdienst Checkrobin. Das Unternehmen, zu dessen freigeschaltet werden.“ Nils Fischer glaubt nicht, dass das
Gründern auch der ehemalige Formel 1-Pilot Niki Lauda mit einem Netzwerk aus „Privatleuten“ möglich ist. „Aller -
dings glaube ich auch, dass beispielsweise Studenten eine
absolute Bereicherung für Liefernetzwerke sein können,
sofern sie denn vor Aufnahme der Tätigkeit ausreichend
geschult werden. Unterm Strich kommt es – wie überall,
wo Menschen arbeiten – primär auf die Fähigkeiten und
Menschenkenntnis derjenigen an, die die Verantwortung
I want you für die Auswahl potenzieller Kuriere tragen.“
for delivery! Auch Stephan Meixner ist eher skeptisch: „Nach dem
Start im September 2013 wurde das DHL-Pilotprojekt
in Stockholm bereits im Dezember 2013 planmäßig und
mit positivem Fazit beendet.“ Demnach wurden in den
drei Monaten über 1.000 Zustellungen über „myWays“
abgewickelt, wobei keine Pakete beschädigt wurden
oder verloren gegangen sind. Das Feedback der Empfän-
ger war entsprechend positiv. Deutsche Kunden dürften
jedoch nach Ansicht Stephan Meixners eher verhalten
reagieren, wenn plötzlich andere Verbraucher ihre Pake-
te zustellen sollen. „Da ein Mehrwert fehlt, dürfte auch
Amazon sich mit so einem Konzept hierzulande schwer
tun – auch wenn man sich von externen Zustellern
emanzipieren könnte.“
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