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Logistik | Special Bahn


                             Schienenanbindung:  Die Nutzung des KV bringt dabei einige Vorteile für die
                       Comeback                         Verlader mit sich: Neben der erhöhten maximalen Zu-
                                                        ladung von 44 Tonnen und der Steuerbefreiung der für
                                                        den Vor- und Nachlauf genutzten LKW ist insbesondere
                          eines ver-                    die hohe  Transportsicherheit  auf der Schiene und die
                                                        Verbesserung der CO -Bilanz ein zunehmend wichtiges
                                                                        2
                                                        Argument. Auf der anderen Seite steht die im Vergleich
             nachlässigten                              zum reinen Straßentransport erhöhte Komplexität
                                                        durch  die  mehrfachen  Umschlagsprozesse,  weshalb

                         Standort-                      Kombinierte Verkehre meist erst ab einer Transportdi-
                                                        stanz von mindestens 300 km auch finanziell konkur-
                                                        renzfähig werden.
                              faktors?                  Die häufig von Logistikpraktikern als Kritikpunkt ange-

                                                        führte mangelnde Flexibilität der Schiene im Vergleich
                                                        zur Straße ist dabei stark von der jeweiligen Region ab-
                                    Von Uwe Veres-Homm
                                                        hängig: Sowohl die Regelmäßigkeit als auch die Anzahl
           Schnelligkeit, Kundennähe und Flächenverfügbarkeit –   der KV-Verbindungen ist von Terminal zu Terminal un-
           Das sind die entscheidenden Argumente für die Stand-  terschiedlich. Auch in der Summe aller lokalen KV-Verla-
           ortwahl neuer Logistikansiedlungen. Die Möglichkeit   demöglichkeiten in Containerterminals und Häfen zeigt
           zur  Nutzung  alternativer  Verkehrsträger  zur  Straße   sich ein deutliches Gefälle innerhalb der deutschen Lo-
           scheint dabei in den letzten Jahren nur eine untergeord-  gistikregionen.
           nete Rolle gespielt zu haben. Mit Blick auf den zuneh-
           menden Druck der Verlader, auch in ihrer Logistikkette   Während die Küstenregionen um Hamburg und Bremen
           Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, könnte sich   mit ihren Hinterlandverkehren traditionell stark auf die
           das aber ändern.                             Schiene setzen bieten auch die Regionen Duisburg/Nie-
                                                        derrhein und Rhein-Neckar eine sehr starke und diverse
           Im Jahr 2019 wurden in Deutschland über 340 Mio.   Infrastruktur für die Abwicklung intermodaler Verkeh-
           Tonnen an Gütern auf der Schiene transportiert. Da-  re. In jeder dieser Regionen liegt die Anzahl der umge-
           mit hat der Verkehrsträger in den letzten 10 Jahren ein   schlagenen Container pro Jahr bei über 1 Mio. TEU. Auf
           Wachstum von rund 9% bei der Beförderungsmenge   der anderen Seite des Spektrums liegen mit Magde-
           verzeichnen können. Diese an sich positive Entwicklung   burg, Münster/Osnabrück, dem Saarland,  Würzburg/
           verblasst jedoch im Vergleich zur Straße, die im gleichen   Schweinfurt und Erfurt Logistikregionen, die mit ihren
           Zeitraum rund 16% zulegen konnte. Damit ist Anteil der   lokalen Umschlagseinrichtungen maximal 50.000 Lade-
           Schiene  im  Modal-Mix  des  deutschen  Güterverkehrs   einheiten pro Jahr umschlagen.
           in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben, ein
           Comeback des einst so wichtigen Verkehrsträgers lässt   Meist besteht hier nur 2-3 Mal pro Woche die Möglich-
           sich zumindest statistisch nicht belegen.    keit, einen Container per Schiene auf den  Weg etwa
                                                        in die Seehäfen zu bringen, deshalb fällt die Wahl des
           Auch bei der Diskussion und Priorisierung von Standort-  Verkehrsträgers umso häufiger auf die Straße. Dabei ist
           faktoren für neue Logistikzentren wird die Schienenan-  die Auslastung und Paarigkeit der KV-Verbindungen für
           bindung meist nur am Ende genannt und entsprechend   deren Wettbewerbsfähigkeit ausschlaggebend. Gerade
           gering gewichtet. Dabei kommt es jedoch stark auf die   die Regionen mit noch relativ geringem KV-Anteil sind
           hinter  der  Ansiedlung  steckende  verladende  Branche   deshalb von einem Henne-Ei-Problem betroffen:  Wo
           an: Während im Bereich der chemischen Industrie, der   keine regelmäßigen und gut ausgelasteten Relationen
           Holz- oder Stahlwirtschaft und bei den Energieträgern   vorhanden sind, ist und bleibt für die Verlader die Hürde
           Ganzzüge und Einzelwagenverkehre durchaus hinter   zur Nutzung der KV-Verkehre relativ hoch.
           einem wichtigen Teil des gesamten Transportaufkom-
           mens stecken, ist der Kombinierte Verkehr (KV) vor al-  Das  muss  sich  jedoch  nicht  zwangsläufig  auf  den  Er-
           lem für Maschinenbauer, Automobilhersteller sowie die   folg der Logistikregion auswirken. So finden sich etwa
           Kunststoff-, Chemie- und Papierindustrie relevant.  die Regionen Münster/Osnabrück und  Würzburg/
                                                        Schwein furt trotz ihres relativ geringen KV-Umschlags
                                                        mit jeweils über 160.000 m² im Mittelfeld der Neubau-



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