Page 24 - LogReal.Direkt Ausgabe 1.2017
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: : Nachhaltigkeit
„Preise müssen die
ökologische und soziale
Wahrheit sagen“
Exklusivinterview mit Richard Mergner,
Landesbeauftragter des BUND Naturschutz Bayern
Herr Mergner, auf Ihrer Homepage (www.bund-natur- Sie werfen den lokalen Politikern in Ihrem Bundesland
schutz.de) kündigen Sie an, in diesem Jahr gegen die von Bayern vor, durch günstige Quadratmeterpreise vor dem
der bayerischen Staatsregierung geplanten Erleichterun- Hunger der Unternehmen nach neuen Flächen einzubre-
gen für die Errichtung von Gewerbegebieten auf der grü- chen und so dem Flächenfraß Vorschub zu leisten. Die
nen Wiese vorzugehen. Was stört Sie so sehr an der Schaf- niedrigen Preise für Grund und Boden seien kein Anreiz
fung neuer Gewerbeareale und neuer Arbeitsplätze? für Investoren und Designer von Logistikimmobilien,
Richard Mergner: Der Flächenverbrauch und damit die ihre Planungen zwecks Flächeneinsparung mehrstöckig
fortschreitende Zerstörung unserer Lebensgrundlage anzulegen. In dicht besiedelten Ballungsräumen (z.B. in
Boden ist eines der größten Umweltprobleme. Wir ha- Nordrhein-Westfalen und München) werden mittlerwei-
ben schon jetzt nicht mehr genug Fläche zur Produktion le mehrstöckige Projekte geplant und umgesetzt. Was ra-
unserer Lebens- und Futtermittel, belegen riesige Flä- ten Sie diesbezüglich den Bürgermeistern und Landräten
chen in anderen Ländern und tragen damit zu Hunger Bayerns?
und Migration bei. Zersiedelung und Zerschneidung der Richard Mergner: Die kommunale Planungshoheit darf
Landschaft führt zu unnötigem Energie- und Ressour- nicht als Freibrief für flächenverschwendendes Bauen
cenverbrauch und ist eine der Ursachen für Artenrück- verstanden werden. Lokalpolitiker müssen ihre Bürger-
gang und verstärkte Hochwassergefahren. Daher fordern schaft besser an den Planungen beteiligen und nicht
wir eine Siedlungspolitik, welche die Verfassungsziele in einen Ausweisungswettbewerb verfallen. Gegen die
zum schonenden Umgang mit dem Boden endlich ernst kommunale Konkurrenz helfen allerdings nur klare Vor-
nimmt und ein intelligentes Flächenrecycling statt den gaben der Regional- und Landesplanung, für die sich die
Verbrauch von Landschaft vorschreibt. Ohnehin werden kommunale Ebene einsetzen muss. Obwohl Bayern im
mit neuen Gewerbearealen auf der grünen Wiese oft nur Vergleich zu anderen Bundesländern trauriger Spitzenrei-
Arbeitsplätze verlagert, aber keine neuen geschaffen. ter beim Flächenverbrauch ist, sollen das Anbindegebot
gelockert und der Neubau von Gewerbegebieten weitab
von Siedlungen und meist nur über die Straße erschlos-
sen werden. Bürgermeister und Landräte sollten sich der
Initiative von Architekten, Bauernverbänden und dem
BUND Naturschutz anschließen, die dies klar ablehnen.
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