Page 26 - LogReal.Direkt Ausgabe 1.2017
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: : Logistik
Wo liegt Ihrer Meinung nach die Grenze, an der die Um-
wandlung natürlicher Flächen in industriell genutzen
Areale nicht mehr vertretbar ist?
Richard Mergner: Die Bundesregierung selbst hat in ihrer
Nachhaltigkeitsstrategie schon vor 15 Jahren ebenso wie
CSU, CDU und SPD in den jeweiligen Koalitionsverträgen
das Ziel einer Reduktion auf 30 Hektar Flächenverbrauch
pro Tag beschlossen. Wir sind davon mit derzeit rund
70 Hektar in Deutschland weit entfernt. Die ökologi-
schen Grenzen sind schon jetzt überschritten, da wir für
unsere Versorgung wie für unsere Exportwirtschaft
massiv auf Flächen in anderen Ländern zugreifen.
Daher ist das noch anspruchsvollere Ziel von EU und
Bundesregierung, in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie bis
2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flä-
chenkreislaufwirtschaft) anzustreben, durchaus richtig.
Es sollte jedoch schon früher umgesetzt werden und vor
allem nicht durch den Bundestag wie etwa mit dem vor
kurzem beschlossenen Bundesverkehrswegeplan konter-
Einwohnerdichte kariert werden.
Deutschland
(Karte ©Janndo4) Bundesverkehrsminister Dobrindt hat Ende 2016 den
Feldversuch mit dem Lang-Lkw per Verordnung in den
Regelbetrieb überführt. Spediteuren ist seit Anfang des
Jahres der unbefristete Betrieb der maximal 25,25 Me-
Sind wir in Deutschland besonders von den wachsenden ter langen Lkw auf allen zugelassenen Strecken erlaubt.
Flächenverbräuchen durch Industrie und Handel betrof- Was bedeutet das aus ökologischer Sicht?
fen? Oder ist es ein Problem aller europäischen Indust- Richard Mergner: Riesen-Lkw sind umweltschädlich, weil
rieländer? durch die Verbilligung des Lkw-Verkehrs Güter von der
Richard Mergner: Deutschland ist eines der am stärks- Schiene auf die Straße abwandern, so wie es in Schwe-
ten verstädterten und am dichtesten besiedelten Länder den bereits geschehen ist. Das Ergebnis sind daher mehr
Europas. Interessant sind allerdings die Unterschiede und nicht weniger Lkw auf Deutschlands Straßen. Zwar
zwischen den Bundesländern. So ist beispielsweise in stimmt es, dass bei zwei Lkw-Fahrten mit Gigalinern
Baden Württemberg und Rheinland Pfalz der Flächen- weniger CO ausgestoßen wird, als bei drei Fahrten mit
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verbrauch dank politischer und landesplanerischer Maß- herkömmlichen Lkw, allerdings wird durch die Reduktion
nahmen inzwischen rückläufig. In Baden Württemberg der Kosten für den Straßentransport dieser attraktiver.
war der Rückgang von 12 Hektar pro Tag im Jahr 2001 auf Der umweltfreundliche Schienengüterverkehr wird ge-
5,3 Hektar im Jahr 2014 sehr deutlich, während Bayerns schädigt, was der Test mit wenigen Fahrzeugen natürlich
Flächenverbrauch auf hohem Niveau von 18 Hektar nach nicht abbilden kann. Nicht ohne Grund stellen sich auch
der alten Statistik stagniert. das Bundesumweltministerium und einzelne Bundes-
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