Page 12 - LogReal.Direkt_Ausgabe-4.2024
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Logistikimmobilien
Quo vadis Nachhaltigkeit,
Klimaneutralität, Dekarbonisierung?
(tpo) In den vergangenen Monaten haben sich Gerichte Greenwashing und fehlende Integrität?
damit befasst, welche Voraussetzungen erfüllt sein müs-
sen, damit ein Unternehmen mit den Begriffen „Nach- Substanzlose Werbung ist das eine. Dass die Investment-
haltigkeit“ und „Klimaneutralität“ werben darf. Beispie- branche zumindest in Teilen auch ein Greenwashing-
le: Katjes wurde nachgewiesen, dass die Produktion der Problem hat, belegt das allzu bekannte Beispiel des
Lakritz- und Fruchtgummis nicht klimaneutral ist, weil Fond anbieters DWS. Seitdem machen Fragen wie „Hat
lediglich Kompensationszahlungen geleistet werden. Die die Branche ein Integritätsproblem?“ die Runde. Dazu
entsprechende Werbung wurde deshalb als irreführend Alexander Schmid: „Eine gewisse Oberflächlichkeit im
bewertet. Ein ähnliches „Schicksal“ traf bereits im vergan- Umgang mit den ESG-Kriterien ist sicher nicht von der
genen Jahr die Drogeriekette dm. TUI Cruises, als jüngs- Hand zu weisen. Greenwashing ist allerdings ein harter
tes Beispiel, wurde gerichtlich untersagt, mit „Net Zero Vorwurf, den ich so für unsere Branche keinesfalls ste-
im Jahr 2050“ zu werben. Begründung: Die Reederei lege hen lassen möchte.“ Wenn überhaupt, dann handele es
nicht ausreichend dar, wie dieses Ziel erreicht werden soll. sich nicht um ein tiefgreifendes Integritäts-, sondern eher
Irreführende Werbung ist aber nur eine Seite der ein Glaubwürdigkeitsproblem. Das führt Schmid unter
Medaille. Was Analysten derzeit auf dem Gebiet unter- anderem auf die vom Niedrigzins getriggerte Goldgrä-
nehmerischer Nachhaltigkeitsziele deutlich beunruhigt, berstimmung der Jahre 2009 bis 2022 zurück. „Da haben
ist ein regelrechter Backlash. Vormals ehrgeizige Vorga- viele neue Marktteilnehmer ihre Chance ergriffen. Nicht
ben werden reihenweise gekappt oder verschoben, auch in alle haben dabei die Gründlichkeit bewiesen, die in ers-
Teilen der Immobilienbranche. „Nachhaltigkeit in Form ter Linie auf langjähriger Marktteilnahme und Expertise
der gängigen Zertifizierungen anzustreben, ist eine Pflich- beruht.“
terfüllung. Selten, so scheint es, wird über den Tellerrand Der eigentliche Kern des Problems liegt für Alexan-
der Zertifizierung hinausgeblickt“, so Alexander Schmid, der Schmid an anderer Stelle: „Keiner weiß ganz genau,
Head Development Logistics bei Swiss Life Asset Ma- was ESG bedeutet. Mit dem E und dem S hat man sich
nagers, im Gespräch mit unserer Redaktion. Nicht ohne arrangiert, da gibt es zahlreiche Antworten. Aber das G
zu ergänzen: „Wir hinterfragen und prüfen Kriterien, wirft noch immer viele Fragen auf “, so Alexander Schmid.
die über die Standards hinausgehen, wie nicht zuletzt die Orientierung biete hier zwar der Logix-Leitfaden. „Aber
Verleihung des Logix Awards für unser Rhenus-Projekt in auch der beste Leitfaden nimmt uns nicht die Aufgabe ab,
Wesel belegt.“ eigene Gedanken zu den einzelnen Aspekten bzw. Buch-
staben des Themas zu entwickeln. Auch wir hängen na-
türlich zunächst an den gigantischen Excel-Checklisten,
die zur Erlangung eines Zertifikats abgearbeitet werden
müssen. Aber wir hinterfragen auch ständig die Dinge
und bringen eigene Ideen ein.“
Alexander Schmid, Head
Development Logistics bei
Swiss Life Asset Managers
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