Page 11 - LogReal.Direkt_Ausgabe-3.2024
P. 11
Logistikimmobilien
übergreifend durchgesetzt. Die Investoren bei Karstadt-Kauf-
hof werden sich also sehr viel überlegen müssen und die teuren
Flächen in den Fußgängerzonen nur mit Mixed Use-Konzepten
am Leben erhalten können. Hier können nur intelligente Lösun-
gen helfen, die meiner Einschätzung nach vor allem in der Last
Mile-Logistik zu finden sein werden“, so Steinmüller. „Von der
Home Delivery Base bis zum Pick Point: Innenstadtimmobilien,
die früher ausschließlich dem Handel dienten, können zumindest
teilweise in Logistikflächen umgewidmet und damit profitabel
gemacht werden.“
Professor Dr. Thomas Beyerle sieht mit den Mixed Use-An-
sätzen bei Innenstadtimmobilien auch den Bereich Wohnen
berührt. „Die ehemaligen Handelsflächen können durchaus zu-
mindest teilweise in Wohnraum umgewandelt werden“, so der
Wissenschaftler und Investor. „Insbesondere ältere Menschen
Professor Dr. Thomas Beyerle
vermeiden durch eine Innenstadtwohnung lange Wege und den
Zwang, für den täglichen Einkauf das Auto nutzen zu müssen.“
Das habe in Deutschland allerdings keine Tradition, räumt Beyer- Nach uns die Sintflut?
le ein. Und die Frage, ob man in einer teilweise als Kaufhaus oder
anderweitig gewerblich genutzten Immobilie wohnen möchte, Eine sinkende Bevölkerungszahl kann auf mehreren Ebenen
sei noch eine ganz andere Angelegenheit. Angesprochen auf den zu weniger Wohlstand und sinkender Innovationskraft führen
demografischen Wandel sieht er bei vielen Pensionären eine wach- (und damit auch zu schrumpfenden Investmentmärkten).
sende Bereitschaft, nach dem Erreichen der Rente weiter zu arbei- » Weniger Erwerbstätige: Eine schrumpfende Bevölkerung
ten – wenn auch in verringertem Umfang. „Ob die Älteren den führt oft zu einem Rückgang der verfügbaren Arbeitskräfte,
Konsum antreiben? Da bin ich eher skeptisch. Sie haben alles und was die Produktionskapazitäten und das Wirtschaftswachs-
werden ihr Geld eher für Reisen als für Konsumgüter ausgeben“, tum verringert.
glaubt Beyerle. » Höhere Lohnkosten: Ein Mangel an Arbeitskräften kann
die Lohnkosten erhöhen, da Unternehmen konkurrieren
„Status quo ist keine Richtschnur“ müssen, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.
» Weniger Konsumenten: Ein Bevölkerungsrückgang führt
Ist die Demografie also wirklich gegen uns? Noch einmal Thomas zu einer geringeren Nachfrage nach Gütern und Dienstleis-
Beyerle: „Sie ist es nur, wenn wir uns nicht endlich bewusst wer- tungen, was das Wachstum von Unternehmen hemmen kann.
den, dass es sehr negative Effekte auf fast alle Lebensbereiche mit » Schrumpfende Märkte: Mit sinkender Nachfrage können
sich bringen wird, wenn wir den Status Quo der Bevölkerungspy- Märkte kleiner werden, was die Rentabilität von Investitio-
ramide als Richtschnur des politischen Handels nutzen, von der nen und Innovationen verringert.
Arbeit im Büro über das Steueraufkommen bis hin zum Pflege- » Weniger Junge: Mit einer geringeren Geburtenrate gibt es
notstand. Deshalb sollten wir grundlegend umsteuern: Das Ren- weniger junge Menschen, die in die Arbeitswelt eintreten,
tenalter für Dienstleistungsberufe anheben, die Steuerbelastung was langfristig die Innovationskraft mindern kann, da junge
für Rentner reduzieren, die weiter arbeiten möchten, Zuwande- Menschen oft neue Ideen und Technologien vorantreiben.
rern schneller Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffen etc. Dann » Weniger unternehmerische Initiative: Eine geringere Be-
lassen sich die schlimmsten negativen Effekte des demografischen völkerungsdynamik kann zu weniger unternehmerischer Ak-
Wandels meines Erachtens deutlich abschwächen.“ tivität und Risikobereitschaft führen.
» Abnehmende Kreativität: Ein stagnierendes Bevölkerungs-
wachstum kann die kulturelle und intellektuelle Dynamik
verringern, was die Innovationsfähigkeit einschränkt.
» Weniger Ideenvielfalt: Eine kleinere Bevölkerung bedeutet
weniger potenzielle Innovatoren und eine geringere Diversi-
tät an Ideen.
» Weniger Forschung und Entwicklung: Sinkende Steuer-
einnahmen und geringere Investitionen können zu weniger
Mitteln für Forschung und Entwicklung führen.
» Kleinere Märkte für Innovationen: Innovationen profitie-
ren von großen Märkten und der Skalierbarkeit. Kleinere Be-
völkerungen können weniger skalierbare Märkte bieten, was
die Anreize für Innovationen reduziert.
Dr. Thomas Steinmüller LogReal.Direkt 11