Page 41 - LogReal.direkt_Ausgabe_3_2017
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Logistik : :


          Logistik-Indikator 2. Quartal 2017


          Nachgebende  Erwartungen




          bei stabiler Lage









          Es ist ein unerwartetes Signal in diesem Frühsommer:  Ein Kommentar von Prof. Dr.-Ing.
          Nach einer euphorischen Leitmesse „transport logistic  Raimund Klinkner, Vorsitzender
          2017“ im Mai kühlt sich das Klima in der deutschen Logis- des Vorstands, Bundesvereinigung
          tik im laufenden Quartal etwas ab, liegt aber immer noch  Logistik (BVL)
          gut 30 Punkte oberhalb des neutralen Geschäftsklimas –
          und damit deutlich im expansiven Bereich.


          Wesentlichen Einfluss auf das Stimmungsbild haben
          die Beobachtungen der Logistikanwender in Industrie
          und Handel. Sie vermelden, dass die Kapazitätsauslas-
          tung leicht sinke, die Nachfrage nach Logistikleistungen
          schwächer werde und sich die aktuelle wirtschaftliche
          Lage leicht verschlechtert darstelle. Ihre Geschäftserwar-
          tungen für die kommenden zwölf Monate spiegeln eine
          gewisse Sorge um die heimische Konjunktur wider – bei
          gleichzeitigem Optimismus  hinsichtlich  der grenzüber-
          schreitenden Logistik. Bei den Logistikdienstleistern ha-
          ben sämtliche Lageindikatoren hingegen moderat zu-
          gelegt. Insbesondere die Kapazitätsauslastung und die
          Geschäftslage haben sich im Vergleich zum Vorquartal
          verbessert  und  auch  der  inländische  Auftragseingang
          legte zu. Trotzdem hat die Bereitschaft zum Aufbau von
          Personal nachgelassen – bei den Logistikdienstleistern,
          aber auch in Industrie und Handel.

          Fast zeitgleich mit dem Abschluss der Umfrage für den  Es ist wieder einmal die gefühlte Unsicherheit, die aus ei-
          Logistikindikator im zweiten Quartal gab die OECD be- gener Kraft nicht nachhaltig überwunden werden kann.
          kannt, dass sie die deutsche Wirtschaft auf einem wei- Abzuwarten ist aber die falsche Strategie, insbesondere
          terhin stabilen Wachstumskurs sehe. Wie ist diese un- in den hoch dynamischen Zeiten der Digitalisierung von
          terschiedliche Sichtweise erklärbar? Die EU ist nach wie  Supply Chain Management und Logistik. Besser ist es, in
          vor auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht und  den  Unternehmen  Energien  und  Kompetenzen  für  die
          langfristiger Stabilität. Die politischen und möglicher- Entwicklung des Geschäfts einzusetzen. Warum zum Bei-
          weise auch wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA,  spiel – so ergab eine Zusatzfrage zum Logistik-Indikator –
          einem zentral wichtigen Exportmarkt, sind in einem  wird die Mehrzahl der Geschäfte im Logistikbereich nach
          derzeit unberechenbaren  Wandel begriffen. Ähnliches  wie vor auf analogen Plattformen abgewickelt und nicht
          gilt für das Verhältnis zur Türkei. Und schließlich: in drei  digital? Die Anstrengungen in diesem Feld zu verstärken
          Monaten wird in Deutschland ein neues Parlament ge- ist eine Investition in die Zukunft: „Neues denken – Di-
          wählt, möglicherweise gefolgt von wirtschafts- und so- gitales leben“. So lauten gleichermaßen das Jahresmotto
          zialpolitischen Weichenstellungen, die unternehmerisch  der BVL als auch der Leitgedanke für den 34. Deutschen
          berücksichtigt werden müssen. Fake News und „alterna- Logistik-Kongress im Oktober in Berlin. Mitmachen lohnt
          tive Fakten“ tun ihr Übriges.                 sich.



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