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: : Leben und genießen Tradition und weltweiter Versand Kultplatz für Tabakgenuß Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. gab es in Deutschland bis zu 4.000 Zigarrenfabriken. Manche beschäftigten bis zu 10.000 Mitarbeiter. Damit zählte diese Branche landesweit zu den größten Arbeitgebern. Da gab es den billigen Bauernstumpen und die edleren Teile für Leute, die sich diese leisten konnten. Ein besserer Herr sinniert in Thomas Manns Zauberberg von der Vor- züglichkeit seiner Maria Mancini. Die Pfeife durchlief ein Schicksal ähnlich der Zigarre, nur war sie nicht so stark verbreitet. Sie fand große Beliebtheit bei den Intellektuel- len, vor allem bei Schriftstellern, Philosophen und Künst- lern. In England war das Pfeifenrauchen ein Privileg des Adels, der Staatsträger und Ofziere. Besonders verbrei- tet war die Pfeife in den britisch beeinfussten deutschen Küstengebieten und in Teilen Preußens sowie den skandi- navischen Ländern. Im südlichen Deutschland fanden vor Seit Karl dem Großen steht Franken für die Vision eines allem die langen Deckelpfeifen Verbreitung, auch Jäger- vereinten Europas. Francia Orientalis, so bezeichneten die oder Gesteckpfeifen genannt. Rauchten die vornehmen Chronisten Karl des Großen das Gebiet um den Verlauf Hanseaten überwiegend teure Virginia Blends, begnügte des Untermains bis zu seinen Quellen im heutigen Ober- man sich weiter südlich mit rustikalen Krülls aus deut- franken. Vieles spricht dafür, dass er sich in diesem Land- schen Landtabaken. Diese kannten so gut wie kein Fer- strich am wohlsten gefühlt haben muss. Er errichtete mentierungs-oder Blendverfahren. seine Pfalz in der Nähe des heutigen Bad Neustadt. Viele weitere Monumente deuten darauf hin, dass die Mainre- In Kriegszeiten erkannte man auf sämtlichen Seiten die gion für Karl eine Art „Camp David“ gewesen sein muss. regulierende Wirkung des Nikotins bei stark erhöhtem Adrenalinausstoß. Zigaretten gehörten bei sämtlichen Bei seinen Reisen mainaufwärts verweilte er auch in Kampftruppen zum festen Bestandteil der Verpfegung. Miltenberg, der sogenannten Perle des Mains, damals In der Nachkriegszeit mutierten Zigaretten, vor allem noch ein kleiner Flecken mit anderem Namen. Die weiten amerikanische, zu unermesslich hohem Wert. Mit dem Flussauen und die Ausläufer von Spessart und Odenwald einsetzenden Wirtschaftwunder änderte sich dies zwar links und rechts des Mains erfüllen jeden Besucher auch wieder, aber die Zigarette wurde zur Volks-Antistress- heute mit Freude. droge einer immer schneller werdenden, beinahe davon- So wie es Karl ergangen sein muss, erging es dem laufenden Zeit. Magne Falkum erkannte dieses Malheur gebürtigen Norweger Magne Falkum. Als er vor vielen schon sehr früh. Er sah in den Glimmstängeln die Dege- Jahrzehnten nach Miltenberg kam, war er vom Liebreiz neration der Genusskultur. Das sinnliche Schmauchen dieser unterfränkischen Region so begeistert, dass er sie des Tabaks in einer Bruyèrepfeife verkörperte für ihn die nie mehr verlassen wollte und sollte. Ende der 40er Jahre Königsdisziplin jeglichen Rauchens. Jedoch war die Pfei- gründete er in Miltenberg ein besonderes Tabakgeschäft, fenkultur in Deutschland nach wie vor unterentwickelt. welches später in Pfeifenraucherkreisen weltweite Be- Die Tabake herkömmlicher Machart überbeanspruchten deutung erlangen sollte. die meisten Raucher in dem hiesigen Klima. Er ersann neue Fermentierungsverfahren und Methoden, Tabake dezent zu aromatisieren und so angenehmer und be- kömmlicher zu machen. 42 LogReal.direkt Log.Real_2014/1 pro2.indd 42 11.03.14 17:47