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Standorte

                      STANDORTOPTIMIERUNG
                      Hemdsärmelig, akademisch ...



                      oder irgendwo dazwischen?






                      Von Dr. Gert Schade

                      Jeder SCM-Verantwortliche wird früher oder später mit   Standorte erfordert. In diesen Fällen wird der aufwän-
                      diesem strategischen Problem konfrontiert: Wo sind die   dige „akademische“ Ansatz häufig in der Schublade
                      optimalen  Lager- und  Umschlagsorte für  mein  Unter-  „over-engineered“ landen.
                      nehmen vorzusehen und wieviele benötige ich? Dabei
                                                                   Weist das Projekt „Standortoptimierung“  jedoch eine
                      ist die  Zielverfolgung zweigeteilt: Einerseits sind die
                                                                   gewisse  Dimension  auf,  so  zahlt  sich  der  vergleichs-
                      (Gesamt-) Kosten zu minimieren, andererseits setzen er-
                                                                   weise hohe Aufwand aus (solche Studien bewegen
                      forderliche Mindest-Servicelevels physikalische Grenzen
                                                                   sich  rasch  im  6-stelligen  Bereich),  können  die  Einspa-
                      durch maximal zulässige Transitzeiten.
                                                                   rungen im Laufe der Jahre doch erheblich sein. Dieser
                      In der Praxis haben sich zwei konträre Ansätze etabliert:   Ansatz bietet zudem vielfältige Möglichkeiten, um un-
                      Entweder erfolgt eine eher subjektive Schätzung, wie   terschiedliche Szenarien zu simulieren. Das betrifft z.B.
                      viele Distributionsstufen ein Netzwerk haben soll und   das Geschäftswachstums, die Artikelstrukturen oder die
                      wie viele Standorte je Ebene in welcher Region zu errich-  Auftragszusammensetzung.  Diese  Erkenntnisse  lassen
                      ten sind. Oder es wird eine aufwändige Studie unter Ein-  eine nachhaltige Planung zu, etwa mittels Expansions-
                      satz spezieller Software (Simulation oder Optimierung)   flächen oder langfristiger Umzugspläne.
                      durchgeführt. Der zweite Ansatz setzt – bedingt durch
                                                                   Anhand von Abbildung 1 lässt sich das grundsätzliche
                      hohe Fixkosten – einen gewissen Mindestumfang des
                                                                   Vorgehen veranschaulichen. Bei diesem Beispiel werden
                      Vorhabens voraus.
                                                                   Szenarien mit einem bis sieben Lagerstandorten durch-
                      Beide Vorgehensweisen haben durchaus ihre Berechti-  gerechnet und gegenübergestellt. Die Erkenntnisse sind
                      gung. Mitunter sind es zu berücksichtigende Randbe-  bekannt:
                      dingungen, die zwar die Erreichung eines theoretischen
                                                                       Mehr Lagerorte verursachen insgesamt höhere La-
                      Optimums verhindern, die aber zugleich die Zahl mög-
                                                                     gerkosten, da je Standort gewisse Fixkosten anfallen.
                      licher Lösungen deutlich reduzieren – die Lösungs-
                      findung somit vereinfachen. Als Beispiel sei genannt      Mehr Lagerorte lassen aber auch die jeweiligen Vor-
                      die Belieferung der Kunden über Nacht, was bei einer   laufkosten steigen, da nun größere Distanzen zu
                      europaweiten Auslieferung meist mehrere regionale   überwinden sind.



                                                                   Dr. Gert Schade ist freiberuflicher Berater
                                                                   und Interim-Manager im Bereich SCM.
                                                                   Er blickt zurück auf 30 Jahre Erfahrung
                                                                   in der produzierenden Industrie und bei
                                                                   Logistikdienstleistern.

                                                                   Seine Philosophie:
                                                                       Die Kluft zwischen Theorie und Praxis
                                                                     überwinden.
                                                                       Standardisierung und Individualität
                                                                     in Einklang bringen.
                                                                       Vorausschauend planen, intelligent
                                                                     wachsen.

                                                                   Kontakt: www.schade-scm.de




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