Page 40 - LogReal.Direkt_Ausgabe-6.2023
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Logistik
Maut treibt Kleine und mittelständische Unternehmen dürfte es
hart treffen, hier könnte die drastische Maut-Erhöhung
zahlreiche Insolvenzen zur Folge haben. Der Bundesver-
band Logistik & Verkehr (BLV-pro) befürchtet, dass die
Versand- drastischen Mehrkosten durch die Mauterhöhung genau
diesen Effekt haben werden, was nicht nur Arbeitsplätze
gefährde, sondern auch die Versorgungssicherheit für die
gesamte Bevölkerung beeinträchtige. „Wir stehen vor ei-
kosten ner existenziellen Bedrohung für unsere Branche und die
Wirtschaft als Ganzes. Die geplante Mauterhöhung wird
nicht nur Insolvenzen auslösen, sondern auch zu weiteren
Preiserhöhungen führen, die jeden Bürger betreffen wer-
in die Höhe den“, fasste der Vorstandsvorsitzender des BLV, Konstan-
tin Popov, die Lage zusammen.
Als „politisches Harakiri“, bezeichnete Dirk Engel-
hardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güter-
kraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) die Mau-
terhöhung. „Wenn diese Milliarden Mehreinnahmen
Zum 1. Dezember wurde die Lkw-Maut deutlich erhöht. dann auch noch hauptsächlich in die Schiene fließen
Für Diesel-Lkw wird ein CO₂-Aufschlag von 200 Euro sollen, obwohl Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer jeden
pro Tonne fällig, ab dem 1. Juli 2024 soll die Maut dann Abend verzweifelt freie Stellplätze suchen, fragt man sich,
auch auf Transporter und leichte Lkw ab 3,5 Tonnen Ge- ob Teile der Koalition überhaupt verstanden haben, wer
samtgewicht ausgeweitet werden. Deutschland bewegt“, so Engelhardt weiter.
Bereits kurz nach dem Beschluss des umstrittenen Die „gigantische Kostenerhöhung über Nacht“ kann
Gesetzentwurfs gab es heftige Kritik aus der Branche. nach Einschätzung des BGL kaum ein Transportunter-
Vor allem kleine Betriebe fürchten durch die annähernde nehmen nebenbei stemmen, die doppelten Mautkosten
Verdopplung der Preise um ihre Existenz. Für viele Spedi- müssen auf die Frachtpreise umgelegt werden, was letzt-
tionen wird es kaum Alternativen geben, als die gestiege- endlich auch die Verbraucher trifft. Jährlich werden Zu-
nen Mautpreise auch an die Kunden weiterzugeben. „Das satzkosten von rund fünf bis sechs Milliarden Euro auf die
kann man nicht stemmen“, so Juliane Mayer, Chefin der Branche zukommen, die Gewinnmargen im Speditions-
Spedition Mayer in Bräunlingen. „Und im Endeffekt be- geschäft sind allerdings zu klein, um dies ohne Preiserhö-
zahlt es der Verbraucher.“ Bisher konnte das Unternehmen hungen abfedern zu können.
die Maut auffangen, die Erhöhung zum Dezember gepaart
mit dem akuten Fachkräftemangel in der Branche wird
dies künftig allerdings kaum mehr möglich machen.
Auch Dirk Pelster, Geschäftsführer der Spedition
Hillert in Bocholt, ist immer noch entsetzt: „Eine nahe-
zu Verdoppelung innerhalb von sechs bis acht Wochen
durchzupeitschen, ist völlig an der Realität vorbei und
wird in der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenom-
men. Die Registrierung unserer Fahrzeuge in die entspre-
chenden Emissionsklassen ist außerdem aus unserer Sicht
fehlerhaft, denn zum Teil werden baugleiche Fahrzeuge
mit unterschiedlichen Zulassungsdaten in verschiedene
Emissionsklassen eingestuft. Hier sind wir bereits im Ge-
spräch mit dem Verband für das Verkehrsgewerbe. Auch
ist es mehr als verwunderlich, wenn LNG-Fahrzeuge in
die Emissionsklasse I eingestuft werden, was zum Teil auch
bei Verladern auf Unverständnis stößt und von Seiten der
Transportunternehmen erklärt werden muss. Aus unse-
rem Fuhrpark mit mehr als 120 Fahrzeugen sind gerade
mal fünf Fahrzeuge in der Emissionsklasse 3 und wir ha-
Dirk Pelster, Geschäftsführer der
ben sicher keinen alten Fuhrpark.“ Spedition Hillert in Bocholt
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