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Logistik



                      Maut treibt                                  Kleine und mittelständische Unternehmen dürfte es
                                                                   hart treffen, hier könnte die drastische Maut-Erhöhung
                                                                   zahlreiche Insolvenzen zur Folge haben. Der Bundesver-
                                                                   band Logistik & Verkehr (BLV-pro) befürchtet, dass die
                      Versand-                                     drastischen Mehrkosten durch die Mauterhöhung genau
                                                                   diesen Effekt haben werden, was nicht nur Arbeitsplätze
                                                                   gefährde, sondern auch die Versorgungssicherheit für die
                                                                   gesamte Bevölkerung beeinträchtige. „Wir stehen vor ei-
                      kosten                                       ner existenziellen Bedrohung für unsere Branche und die
                                                                   Wirtschaft als Ganzes. Die geplante Mauterhöhung wird
                                                                   nicht nur Insolvenzen auslösen, sondern auch zu weiteren
                                                                   Preiserhöhungen führen, die jeden Bürger betreffen wer-
                      in die Höhe                                  den“, fasste der Vorstandsvorsitzender des BLV, Konstan-
                                                                   tin Popov, die Lage zusammen.
                                                                       Als „politisches Harakiri“, bezeichnete Dirk Engel-
                                                                   hardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güter-
                                                                   kraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) die Mau-
                                                                   terhöhung. „Wenn diese Milliarden Mehreinnahmen
                      Zum 1. Dezember wurde die Lkw-Maut deutlich erhöht.  dann  auch  noch hauptsächlich  in  die  Schiene  fließen
                      Für Diesel-Lkw wird ein CO₂-Aufschlag von 200 Euro  sollen, obwohl Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer jeden
                      pro Tonne fällig, ab dem 1. Juli 2024 soll die Maut dann  Abend verzweifelt freie Stellplätze suchen, fragt man sich,
                      auch auf Transporter und leichte Lkw ab 3,5 Tonnen Ge-  ob Teile der Koalition überhaupt verstanden haben, wer
                      samtgewicht ausgeweitet werden.              Deutschland bewegt“, so Engelhardt weiter.
                          Bereits kurz nach dem Beschluss des umstrittenen   Die „gigantische Kostenerhöhung über Nacht“ kann
                      Gesetzentwurfs gab es heftige Kritik aus der Branche.  nach Einschätzung des BGL kaum ein Transportunter-
                      Vor allem kleine Betriebe fürchten durch die annähernde  nehmen  nebenbei  stemmen,  die  doppelten  Mautkosten
                      Verdopplung der Preise um ihre Existenz. Für viele Spedi-  müssen auf die Frachtpreise umgelegt werden, was letzt-
                      tionen wird es kaum Alternativen geben, als die gestiege-  endlich auch die Verbraucher trifft. Jährlich werden Zu-
                      nen Mautpreise auch an die Kunden weiterzugeben. „Das  satzkosten von rund fünf bis sechs Milliarden Euro auf die
                      kann man nicht stemmen“, so Juliane Mayer, Chefin der  Branche zukommen, die Gewinnmargen im Speditions-
                      Spedition Mayer in Bräunlingen. „Und im Endeffekt be-  geschäft sind allerdings zu klein, um dies ohne Preiserhö-
                      zahlt es der Verbraucher.“ Bisher konnte das Unternehmen  hungen abfedern zu können.
                      die Maut auffangen, die Erhöhung zum Dezember gepaart
                      mit dem akuten Fachkräftemangel in der Branche wird
                      dies künftig allerdings kaum mehr möglich machen.
                          Auch Dirk Pelster, Geschäftsführer der Spedition
                      Hillert in Bocholt, ist immer noch entsetzt: „Eine nahe-
                      zu Verdoppelung innerhalb von sechs bis acht Wochen
                      durchzupeitschen, ist völlig an der Realität vorbei und
                      wird in der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenom-
                      men. Die Registrierung unserer Fahrzeuge in die entspre-
                      chenden Emissionsklassen ist außerdem aus unserer Sicht
                      fehlerhaft, denn zum Teil werden baugleiche Fahrzeuge
                      mit unterschiedlichen Zulassungsdaten in verschiedene
                      Emissionsklassen eingestuft. Hier sind wir bereits im Ge-
                      spräch mit dem Verband für das Verkehrsgewerbe. Auch
                      ist es mehr als verwunderlich, wenn LNG-Fahrzeuge in
                      die Emissionsklasse I eingestuft werden, was zum Teil auch
                      bei Verladern auf Unverständnis stößt und von Seiten der
                      Transportunternehmen erklärt werden muss. Aus unse-
                      rem Fuhrpark mit mehr als 120 Fahrzeugen sind gerade
                      mal fünf Fahrzeuge in der Emissionsklasse 3 und wir ha-
                                                                                                     Dirk Pelster, Geschäftsführer der
                      ben sicher keinen alten Fuhrpark.“                                             Spedition Hillert in Bocholt

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